Unser mentaler Computer

Wir sollten einige Aspekte des Gehirns betrachten, die sehr stark damit zusammen hängen, wie wir uns in unserer Umgebung und mit anderen Menschen verhalten, und ob wir dabei verspannt oder entspannt sind.

Der Kopf ist der Sitz eines der ungeheuerlichsten Computer. Es ist ein Biocomputer von solcher Vollkommenheit, dass wir selbst in den wildesten Träumen keine exakte Vorstellung von ihm haben können. Er besteht aus schätzungsweise zehn bis dreizehn Billionen Hirnzellen, den Neuronen, und aus unzähligen Verbindungen zwischen diesen Zellen. Die Arbeit dieses Computers besteht darin, zu empfangen, zu speichern, zu vergleichen, zu analysieren und alle Daten, die wir vom Körper und aus der Umgebung auf dem Wege der Sinnesorgane Ohren, Haut, Augen, Nase usw. empfangen, zu lenken.

Im Hirn ist alles gespeichert: die Erinnerung an vergangene Erlebnisse, die Anweisungen, die unsere Eltern, unsere Lehrer, unsere Freunde uns gegeben haben, jeder und alles, was mit uns bis zum heutigen Tag in Verbindung war. Diese Erfahrungen bestimmen, wie wir in verschiedenen Lebenssituationen reagieren. In jedem Augenblick werden Daten der inneren und äußeren Umgebung durch Nervenimpulse zum Hirn gelenkt. Ein spezieller Teil des Hirns, das limbische System vergleicht diese hereinkommenden Informationen mit früheren Erfahrungen, die im Gedächtnis des Cerebral Kortex gespeichert sind. Als Ergebnis dieser Erinnerungen antworten wir auf die Daten in einer fixierten, programmierten Weise. Mit anderen Worten, wie Geist und Körper in bestimmten Lebenssituationen reagieren, hängt von der vergangenen mentalen Konditionierung ab.

Wenn die Situation, der wir im Leben begegnen, nicht im Widerspruch steht zu früheren Erfahrungen, dann leiden wir auch nicht unter mentaler oder emotionaler Spannung. Aber wenn die herein kommenden Daten nicht in das Muster unserer Erinnerungen hineinpassen, dann gerät das limbische System in Aufregung, in Spannung. Es ist seine Aufgabe, auf ungewohnte und vielleicht gefährliche Situationen so zu reagieren, so dass wir nicht plötzlich davon überfallen werden. Wir sind so programmiert, dass wir in Spannung geraten, um für außergewöhnliche Situationen vorbereitet zu sein. Es ist eine Vorbeugungsmaßnahme. Nun sind wir aber meistens so schlecht konditioniert, dass wir auf fast alle Lebenssituationen so antworten, als seien sie eine Bedrohung für unser Überleben. Wir fühlen Hass, Abneigung, Angst, Ärger usw. und befinden uns in einem ununterbrochenen Spannungszustand.

Diese überemotionale Reaktion wäre nicht vierundzwanzig Stunden am Tag notwendig. Sie wäre nur angebracht, wenn wir wirklich in Gefahr sind. Wir müssen also unser mentales Programm verändern, so dass ungewohnte Daten aus der Umgebung nicht automatisch das limbische System in Aufruhr versetzen. Auf diese Weise können wir entspannen und das Leben mehr genießen.

Viele der Überreaktionen im Leben beruhen auf den unterbewussten Erinnerungen, die wir von Kindheit an mit uns tragen: Angst vor Fremden, vor der Dunkelheit, vor Insekten, Ablehnung des anderen Geschlechts oder Menschen anderer Rassen. Das ist ein Teil unserer mentalen Konditionierung und bringt das limbische System dazu, uns immer dann in Spannung zu versetzen, wenn wir auf Lebenssituationen treffen, die unsere mentalen Konzepte nicht verstärken. Wir haben z. B. Angst vor der Dunkelheit, und plötzlich wird es in dem gerade noch hell erleuchteten Raum dunkel. Es wäre nicht nötig, in Panik zu geraten; es ist das Ergebnis früherer Erfahrungen, die im Gedächtnis gespeichert sind.

Dies ist ein Beispiel, um zu zeigen, wie wir unser ganzes Leben lang reagieren. Einer der größten Komplexe des modernen Menschen ist die Angst vorm Versagen, ist der Wunsch, erfolgreich zu sein. Jeder hat das Gefühl, das er erfolgreich sein muss, weil er sonst die Achtung vor seinen Freunden, seiner Familie und sich selbst verliert. Diese Angst ist nichts als eine programmierte Reaktion; vielleicht haben Deine Eltern oder Lehrer Dir fortwährend eingehämmert, dass nur solche Menschen wertvoll sind, die es 'geschafft haben'. Das Ergebnis ist, dass wir nun ständig Angst davor haben, zu versagen; jede Lebenssituation, jeder Mensch, dem wir begegnen, ist eine Herausforderung, denn sie könnten uns als Versager entlarven.

So wird alles, was wir im Leben machen, als Notfall behandelt und wir sind in ständiger Spannung. Nur, wenn wir mit engen Freunden zusammen sind, die uns nicht als erfolglos betrachten, fühlen wir uns frei von dieser Spannung, und deshalb betrachten wir sie als unsere Freunde. Aus diesem Beispiel kann man ersehen, wie unser mentales Programm unser Leben regiert und uns unfähig macht, uns selbst zu befreien und zu entspannen. Aber diese falsche Programmierung können wir aufbrechen – sie existiert nur aufgrund von fehlerhaftem Denken und durch unsere Erziehung.

Steh auf und sei frei! Wisse, dass jeder Dich schwächende Gedanke und jedes Dich schwächende Wort auf dieser Welt das einzige wirkliche Übel ist. Alles, was den Menschen schwächt, alles, was ihm Furcht einflößt, ist das einzige Übel, das er ängstlich meiden sollte

(Aus: Auszüge aus dem Buch Yoga und Kriya, erschienen in der Bihar School of Yoga; YOGA Heft Nr. 7) - von Dr. Swami Vivekananda Saraswati


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