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Das physiologische Ego

Yoga und das menschliche Gehirn

Im menschlichen Hirn geht es ständig zu wie in einem Bienenhaus, aber wir wissen nichts davon, wir spüren nur einen winzig kleinen Teil von der Aktivität mit unserer bewussten Wahrnehmung. Alle Sinnesdaten werden in unterbewussten Bereichen verarbeitet. Die Daten kommen ohne Unterbrechung von allen Teilen des Körpers und von der äußeren Umgebung, sie kommen durch die Sinnesorgane herein; entweder behandeln wir sie gleich, oder sie werden gespeichert oder ignoriert.

Das Nichtwahrnehmen all dieser Aktivität ist essentiell, denn nur so kann das Bewusstsein für einen begrenzten Interessensbereich frei sein. Wenn man diese unterbewusste Aktivität immerzu wahrnehmen müsste, würde man überflutet und überwältigt werden von dem ständigen Andrang der Millionen Informationsbits. Was unsere bewusste Wahrnehmung erreicht, hängt ausschließlich davon ab, an was wir interessiert sind.

Wissenschaftliche Untersuchungen der letzten Jahre haben mehr Licht auf diese Frage geworfen. Man fand heraus, dass ein bestimmter Teil des Hirns, das Retikularsystem, das sich am oberen Ende der Wirbelsäule befindet, diese Aufgabe hat, d. h. es ist für die Wachheit zuständig. Dieses System arbeitet wie ein Schleusentor, indem es nur einem geringen Prozentsatz der hereinkommenden Daten zum Hirn erlaubt, bewusst wahrgenommen zu werden. Wie entscheidet es nun, was unsere bewusste Aufmerksamkeit erreichen soll, und was nicht? Es lässt nur solche Informationen bewusst werden, die das Muster der mentalen Konditionierung bestärken oder hineinpassen, oder solche, die sehr dringend sind.

Die Wahrnehmung hängt also davon ab, was man mit seiner Mentalität bereit ist, aufzunehmen. Andere hereinkommende Daten, die mit der Mentalität nicht im Einklang stehen, verbleiben in unterbewussten Bereichen, man nimmt sie nicht wahr. Wir empfangen die Welt um uns herum so, wie unser augenblicklicher Mentalapparat es diktiert. Wenn Du z. B. jemanden triffst, den Du nicht leiden kannst, dann erreicht nur die Information Deine Wahrnehmung, die Deine konditionierten Vorurteile bestätigt und bekräftigt. Wenn Du jemanden gut leiden kannst, dann nimmst Du nur das wahr, was Deine Freundschaft bestätigt. Wir sehen meistens die guten Seiten in unseren Freunden und die schlechten Seiten in unseren Feinden. Wenn natürlich die hereinkommenden Sinnesimpulse uns ganz etwas anderes sagen und sehr kräftig sind, dann kann die Programmierung auch mal überwunden werden. So sehen wir z. B. manchmal schlechte Seiten in unseren Freunden und gute Seiten in unseren Feinden.

Man kann daran sehen, wie sehr die Wahrnehmung der Welt von unseren inneren Vorurteilen abhängt. Man nennt es das Ego, besonders in der Psychologie; es ist das, was die Trennung zu Deinem 'Selbst' schafft. Wir sind unserer Programmierung ausgeliefert. Wenn unser mentales Programm es so will, dann sehen wir nur Hass um uns herum, dann werden wir alle Phänomene in diesem Licht interpretieren. Wenn das Programm vorgibt, das alle Menschen und die ganze Welt freundlich sind, dann werden wir alles, was andere tun, als von Natur aus freundlich betrachten.

Spannung – das Ergebnis des mentalen Programms

Es ist das Problem des Menschen, das die äußere Welt selten dem Muster seiner mentalen Konditionierung entspricht, und deshalb erzeugt das limbische System ununterbrochen mentale und emotionale Stresserwiderungen. Wir können nicht mehr entspannen, Spannung wird ein Teil unseres Lebens. Nicht das Hirn ist fehlerhaft. Es sind die engen Grenzen unseres mentalen Programms, das ins Hirn eingegeben wurde, was die Ursache des Problems ist. Das Programm ist unpassend für unsere uns umgebende Situation.

Unser Verhalten dem Leben gegenüber hängt vom Geist ab; ein unpassender, enger, unrealistischer, unvereinbarer mentaler Zustand führt zu ständigem Konflikt mit unserer Umgebung und zu Depression und Unglücklichsein, und die Konsequenz ist Stress. Ein weites, realistisches mentales Programm führt zu harmonischem Zusammenspiel, zu gutem Einvernehmen mit der Umgebung und anderen Menschen, und das macht uns glücklich und entspannt. Unser Leben kann Ausdruck der Freude sein oder Ausdruck der Unzufriedenheit; es hängt vom Inhalt des Geistes ab. Heißt das, dass wir dem Geist vollkommen ausgeliefert sind? Auf der einen Seite ja, aber gleichzeitig haben wir die Möglichkeit, Inhalte hinauszuschmeißen, die so viel Verwüstung in unserem Leben anrichten. Wir können unser Mentalprogramm verändern, oder zumindest umgestalten, indem wir all die Schlacken oder unerwünschten Teile entfernen. Das einzig wichtige dabei ist der Wunsch, unser Leben neuen Wegen entgegenzuführen und diesen Wunsch in die Tat umzusetzen.

Ein möglicher Weg ist der, dass sich der Geist ausdrücken kann, dass man sich dem gedanklichen und emotionalen Innenleben stellt und dann allen Dreck herauskehrt. Aber bevor wir damit anfangen können, müssen wir einen bestimmten Grad der Entspannung in unser Leben bringen; denn wir müssen uns entspannen können, um unsere Wahrnehmung nach innen zu lenken. Die erste Entspannungsstufe ist durch Erneuerung unseres augenblicklichen Programms möglich.

Neuprogrammierung des Geistes

Bis zu einem gewissen Grad haben wir die Möglichkeit dazu. Der Inhalt unseres Geistes hängt von den uns umgebenden Einflüssen seit unserer Geburt ab. Das mentale Programm ist als Beantwortung auf Situationen, denen wir begegnet sind, entstanden und wird immer auf den neuesten Stand gebracht. Auf diesem Wege ist es möglich, die Richtung des programmierten Geistes so zu beeinflussen, dass bewusst Verhaltensweisen entwickelt werden, wie wir sie am Ende dieses Artikels empfehlen.

Natürlich können wir sehr tief verwurzelte Eindrücke auf diesem Wege nicht vollkommen entfernen. Das kann nur durch Meditationstechniken geschehen. Wenn wir aber bewusst ein anderes Verhalten dem Leben gegenüber entwickeln, dann ist das ein positiver Schritt, durch den wir den Geist reinigen, Entspannung erlangen und das ganze Leben freudiger leben können. Die Wahl liegt bei uns: wir können entweder die Welt zu einem wahren Himmel auf Erden machen, oder wir können da bleiben, wo wir sind.

(Aus: Auszüge aus dem Buch Yoga and Kriya, erschienen in der Bihar School of Yoga; YOGA Heft Nr. 7) - Dr. Swami Vivekananda Saraswati


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